Veranstaltung: | Wahlprogramm zur Bezirkswahl 2019 |
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Tagesordnungspunkt: | 3. Beschlussfassung über das Bezirkswahlprogramm 2019 |
Status: | Beschluss |
Beschluss durch: | KMV |
Beschlossen am: | 10.01.2019 |
Eingereicht: | 14.03.2019, 01:52 |
Antragshistorie: | Version 1 |
05 Sozialer Zusammenhalt im Quartier
Text
05 Sozialer Zusammenhalt im Quartier
Kinder- und Jugendarbeit
Das Kindeswohl hat, gerade in Hinblick auf vergangene Todesfälle in Hamburg-
Mitte, höchste Priorität. Als erste/ eine Konsequenz wurde der
Betreuungsschlüssel erhöht.
Wir plädieren dafür, dass die Fallzuständigkeit im Allgemeinen Sozialen Dienst
(ASD) stärker sozialräumlich organisiert wird. Ferner fordern wir eine
regelmäßige Information an die Politik über Personal- und Arbeitssituation aus
dem ASD.
Umstrukturierung der offenen Kinder- und Jugendarbeit
Es ist auffällig, dass die Nutzung von Jugendhäusern in den vergangenen Jahren
rückläufig ist. Das kann verschieden begründet sein, u.a. durch
Vereinsaktivitäten und die Ganztagsschulen. Hier sind die Öffnungszeiten der
Angebote ebenfalls zu überdenken, die sich an den neuen Zeiten von Schule
orientieren sollten. Die Offenen Kinder- und Jugendarbeit (OKJA) muss verstärkt
diverse gesellschaftliche Gruppen ansprechen und für Austausch sorgen, damit
sich die Präsenz von Jugendlichen, auch ohne Migrationsgeschichte – hier
insbesondere derer, die sich in prekären Lebenslagen befinden –, und
Jugendlichen mit Behinderungen in den Einrichtungen deutlich erhöht. Nur so
können Integration und Inklusion gelingen. Ebenso muss eine stärkere Vernetzung
von Angeboten der OKJA mit Schulen und Sportvereinen im Quartier erfolgen.
Hilfen für Obdachlose
Die meisten Obdachlosen in Hamburg-Mitte leben in der Neustadt, Altstadt, auf
St. Pauli und in St. Georg. Laut der letzten Studie a.d.J. 2009 waren es ca.
1.000 Obdachlose, davon 6% Frauen. Im Vergleich dazu hat sich die Zahl der
Obdachlosen (neuste Studie 09/2018) auf ca. 2.000 verdoppelt, der Frauenanteil
sogar verfünffacht (30%). Rund 600 sind Deutsche, viele kommen aus Ost-Europa,
keine geringe Zahl leidet unter Alkoholismus. Wir Grüne haben in der Koalition
erreicht, dass seit 2015 ca. 1.500 Obdachlose mehr einen Platz in der
Öffentlichen Unterbringung gefunden haben. Erstmals konnten wir eine Unterkunft
extra für bis zu 100 Frauen in der Alsenstraße aufbauen. Die
Tagesaufenthaltsstätte Hinrichsenstraße in Borgfelde ist nun auch am Wochenende
und feiertags geöffnet, und die Platzkapazität für die Frauenübernachtungsstätte
konnte um 30 auf 60 Plätze erhöht werden. Die Platzzahlen im Pik As
(Hammerbrook) wurden von 260 auf 330 Plätze erweitert; dort werden außerdem
erkrankte Obdachlose aus dem Winternotprogramm bis zu ihrer Genesung rund um die
Uhr betreut. Zur Verbesserung der ärztlichen Versorgung von psychisch-erkrankten
Obdachlosen haben wir zwei Modellprojekte in der Öffentlichen Unterbringung
gestartet; im Herbst kommt noch ein weiteres Modellprojekt für Jungerwachsene
hinzu. Noch immer ist Hamburg die einzige Großstadt in Deutschland, die ein
umfangreiches Winternotprogramm jedes Jahr anbietet. Doch trotz all dieser
Fortschritte, gibt es angesichts von verstorbenen Obdachlosen auf der Straße
noch viel zu tun. So unterstützen wir den Kältebus, der Obdachlosen an den
bekannten Orten gegen die nächtliche Kälte hilft und wollen die
Straßensozialarbeit ausbauen und verbessern, damit alle Hilfsangebote bei den
Betroffenen ankommen. Ebenfalls ist die soziale Verantwortung von
Arbeitgeber*innen zu stärken, wenn diese Arbeitskräfte aus dem Bereich Ost-
Europa zur Saisonarbeit einstellen, dass diese auch verstärkt für die
Unterbringung Sorge tragen.
Verbesserung der ärztlichen Versorgung
Obwohl Hamburg insgesamt eine gute und vielfältige ärztliche Versorgung bietet,
sind der Osten und Süden des Bezirks Hamburg-Mitte in vielerlei Hinsicht
unterversorgt. Es fehlen hier besonders Kinder- und Fachärzt*innen, aber auch
Psychotherapeut*innen und Hausärzt*innen. Am 12.06.2017 hat die GRÜNE Fraktion
Hamburg-Mitte erfolgreich im Rauhen Haus mit einer Veranstaltung zur defizitären
Lage der Kinderärzt*innen in Horn aufmerksam gemacht. Im September 2018
verkündete das Ärzteblatt, dass Versorgungsaufträge für 4 neue Kinderarztsitze
(2 halbe in Bergedorf, 2 halbe in Hamburg Mitte (Rothenburgsort und
Wilhelmsburg), je 1 ganzer Sitz in Nord und in Harburg) vergeben wurden. Das
Modellprojekt der Poliklinik auf der Veddel, die am 17.03.2017 eingeweiht wurde,
ist beispielhaft und wird durch das umfangreiche Angebot sehr gut angenommen, so
dass es einer Erweiterung bedarf. Wir werden weiter den Druck auf den
Zulassungsausschuss für Ärzte und Krankenkassen bei der Kassenärztlichen
Vereinigung ausüben, damit zukünftig auch mehr Hausärzt*innen, Fachärzt*innen
und Psychotherapeut*innen möglichst fußläufig aus Sicht der Patient*innen in
Hamburgs Osten und Süden erreichbar sind. Zusätzlich werden wir diesen Zustand
mithilfe von Öffentlichkeitsarbeit weiterhin anprangern und Verbesserungen
einfordern.
Unterstützung der Seniorenbeauftragten
Der Verbesserung der Lebenssituation von Seniorinnen und Senioren muss mehr
Aufmerksamkeit geschenkt werden. Eine Entwicklung von nachhaltigen und
generationsübergreifenden Angeboten für Seniorinnen und Senioren in den
Bereichen Gesundheit, Pflege, Kultur, Sport, Digitalisierung und Wohnen muss
unterstützt werden. Hierbei ist der Teilhabemöglichkeit von Seniorinnen und
Senioren mit Migrationsgeschichte besondere Beachtung zu schenken. Im Haushalt
2019/20 haben wir in der Koalition eine Erhöhung der Mittel für die Hamburger
Seniorentreffs von über 500.000€ als ersten Schritt erreicht. Darüberhinaus
setzen wir.in den Seniorentreffs für eine stärkere hauptamtliche Unterstützung
ein, da Ehrenamtliche durch Überlastung häufig wegfallen. Bürgerschaftliche
Angebote sind bezirkliche Aufgaben und werden nicht ausreichend bedient. Deshalb
fordern wir, dass an dem Punkt Scharnierstellen geschaffen werden.
Besonders für alleinstehende Seniorinnen und Senioren müssen Möglichkeiten
eröffnet werden, durch Wohnungstausch preisgünstigen, generationsübergreifenden
und seniorengerechten Wohnraum zu erhalten. Dies insbesondere wenn im Gegenzug
größerer und familiengerechter Wohnraum freigestellt wird. Hierzu müssen
Umzugshilfen und Mietgarantien gewährleistet werden.
Die Mobilität von Seniorinnen und Senioren muss weiter gefördert werden. Wir
fordern deshalb, dass die HVV Seniorentickets täglich ohne zeitliche
Beschränkung genutzt werden können.
Inklusive Gesellschaft
Die Hamburger Migrations- und Integrationsarbeit ist bundesweit vorbildlich, das
ehrenamtliche Engagement reißt nicht ab, auch nach 2017 nicht, wo ein Rückgang
der Zuflucht Suchenden zu verzeichnet wurde. Dennoch wird eine intensivere
Kommunikation und Kooperation zwischen Fachbehörden und Akteuren benötigt, um
Bedarfe zu eruieren und vorhandene Angebote zu optimieren. Hier sollte die
Politik stärker eingebunden werden, so bspw. beim Vergabeverfahren von
Fördermitteln, denn gerade kleineren, integrativ wirkenden Organistationen,
insbesondere Migrant*innenorganisationen, die sich auf ihre inhaltliche Arbeit
konzentrieren, fällt das zeitintensive und teils komplexe Antragsverfahren im
Rahmen ihres Ehrenamtes äußerst schwer. Dieses sollte vereinfacht oder
unterstützend begleitet werden. Um unser Integrationsleitbild mit Leben zu
füllen findet jährlich die Verleihung des Bürgerpreises hierzu statt. Außerdem
leisten wir wichtige Impulse zur Gestaltung der Integrationskonferenz.
Ein engeres Zusammenspiel von Kitas und Schulen direkt mit Einrichtungen von und
für Menschen mit Migrationsgeschichte gewährleistet, dass Angebot und Nachfrage
effektiv zusammen kommen.
Eine Art Verbund von integrativen Akteuren ermöglicht es, wie das PARITÄTISCHE
Kompetenzzentrum Migration (KomMig) zeigt, bei der Ansprache von Interessierten
und Betroffenen, dass Angebote die Zielgruppen bedarfsgezielt erreichen. Dieses
sollte ausgebaut und nachhaltig verstetigt werden.
Wir fordern zudem die Stärkung von Initiativen von und für Frauen, denn es hat
sich gezeigt, dass Einrichtungen zum Empowerment von Frauen aus diversen
Kulturen gesellschaftlich, bildungs- und berufsorientiert eine immens wichtige
Rolle spielen.
Wir verfolgen das Ziel der umfassenden Teilhabemöglichkeit von Menschen mit
Behinderungen an allen Bereichen des öffentlichen Lebens. Zur Umsetzung der UN-
Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen auf Bezirksebene
wollen wir einen Inklusionsbeirat einrichten, wie es ihn zum Beispiel in
Eimsbüttel bereits gibt.
Verstärkte Anstrengungen in Geflüchtetenunterkünften
Wir fordern von den Fachämtern einen transparenten Informationstransfer darüber,
welche Maßnahmen inwieweit de facto in Unterkünfte für Geflüchtete umgesetzt
werden. Zu dieser Art Erfolgsbilanz/ Evaluation gehört ebenso, welche
integrativen Angebote erfolgen und in welchem Umfang diese von den
Bewohner*innen angenommen werden. Um eine gesellschaftliche Orientierung für neu
Zugewanderte unterstützend zu beschleunigen, sollte – gerade im Hamburger Osten
– eine Ausweitung von Mentor*innen- und Pat*innenprojekten gestärkt werden.
Stärkung von Bürgerhäusern und Stadtteilkultur
Wir sind sehr froh darüber, dass unter GRÜNER Regierungsbeteiligung die Mittel
für Bürgerhäuser, Stadtteilkultureinrichtungen und Geschichtswerkstätten nach
vielen Jahren endlich wieder erhöht wurden.Und ganz besonders wichtig, sie
sollen zukünftig jährlich um 1,5% gesteigert werden. Kostensteigerungen durch
Tariferhöhungen und höhere Betriebskosten konnten somit endlich abgefedert
werden. Diese Einrichtungen leisten eine wichtige identitätsbildende Arbeit in
der Stadtteilen. Diese wollen wir weiterhin unterstützen.
Lesben, Schwule und Queers
Im Bezirk Hamburg-Mitte spielt sich ein Großteil des Lebens vieler Hamburger
Lesben, Schwule und Queers ab. Die größte Veranstaltungswoche - die Pride Week -
zum alljährlichen Christopher-Street-Day (CSD) wird vom Bezirk Mitte mit
jährlich ca. 20.000€ unterstützt. Mit dem Lesbentreff Intervention im
Karoviertel, dem AIDS-Präventionsprojekt für schwule und bisexuelle Männer in
St. Georg und auch dem männlichen Prostutionshilfsprojekt basis sind viele
Institutionen im Bezirk beheimatet. Auch die AIDS-Hilfe Hamburg in der Langen
Reihe erhält von uns bei Bedarf Bezirksmittel, um kleinere Anschaffungen oder
Reparaturen zu tätigen.Mit dem Umzug des Bezirksamtes in das alte Springer-
Verlagsgebäude gibt es nun endlich auch die Möglichkeit zum CSD die
Regenbogenflagge zu hissen, das soll nach unserem Willen auch zukünftig wie am
Hamburger Rathaus regelmässig passieren.
Beteiligung junger Menschen
Die Beteiligung junger Menschen an Entscheidungen in den Bezirken ist bereits
seit einigen Jahren vorgesehen. In der Praxis findet dies jedoch noch nicht
regulär statt. Wir setzen uns dafür ein, dass geeignete Verfahren entwickelt und
angewandt werden, um auch den Meinungen junger Menschen verstärkt Raum zu geben.
Besonderen Wert legen wir darauf Beteiligungsprozesse inklusiv, altersgerecht,
selbstbestimmt, wertschätzend und demokratisch gestaltet werden.